Inas kleines Abenteuer
Erst
drei Whisky-Cola später, Ina
war nicht bei KiBa geblieben, musste sie
feststellen, dass sowohl Emil als auch Martin spurlos von der Party
verschwunden waren.
Im
Wohnzimmer: Kein Emil.
In
der Küche: auch kein Emil.
Im
Garten: ebenfalls kein
Emil.
Auf
dem Klo: dauerbesetzt und kein Emil.
Das
Bad in der ersten Etage: leer, aber ein guter Zeitpunkt Wasser zu
lassen.
Ermüdet
von der ganzen Sucherrei ließ sich Ina schließlich neben der leicht
offen stehenden Balkontür nieder. Von draußen wehte ein angenehm
kühler Luftzug hinein und kühlte ihr Gesicht. Genüsslich reckte
Ina ihre Nase und schloss die Augen. Als sie plötzlich eine Stimme
vernahm:
„Du
bist nicht eingeladen.“
Ina
erstarrte im ersten Moment, da sie dachte sie wäre gemeint.
„Marie“,
zischte die Stimme.
Es
kommt von draußen, schoss es Ina durch den Kopf. Nur vorsichtig
drehte sie sich zu der gläsernen Balkontür um einen Blick nach
draußen zu werfen.
„Oder
sollte ich besser sagen ... Violetta?“, spottete das Mädchen,
dessen rabenschwaarzen
Haare
im Wind wehten.
„Warum
nennst du mich so? Du weißt, dass ich den Namen nicht mag“,
säuselte eine zweite weibliche Stimme vom anderen Ende des Balkons,
das Ina von hier aus nicht erkennen konnte. Doch sie war sich sicher,
dass es die von Marie war.
Die
Angriffslust war in der Stimme des dunkelhaarigen Mädchens zu hören,
als sie weiter sprach: „Weil es dein Hexenname ist? Nennt dich dort
drüben nicht jeder so?“
Ina
hielt die Luft an. Wovon redete sie nur? Und wer war sie überhaupt?
Ina musste es unbedingt wissen. Hatte sie doch Recht gehabt!
Hexen existierten.
Als
Marie darauf nicht antwortete, stichelte das Mädchen weiter: „Nun
tu nicht so unwissend! Du weißt genau, was es bedeutet, wenn ein
Dämon den wahren Namen einer Hexe ausspricht!“
„Was
willst du damit bezwecken?“ All die sonst so nette Art war aus
Maries Stimme gewichen.
„Ich
will, dass du Emil da raus hältst! Ich halte mich von ihm fern und
du solltest das auch tun.“ Der Wind umspielte bedrohlich den Saum
ihres schwarzen Kleides.
„Wieso
sollte ich? Ich brauche ihn noch. Du kannst ihn nicht für dich
allein beanspruchen“, erwiderte Marie beinahe scherzend.
„Ich
will ihn doch gar nicht!“ Die Antwort des Mädchens kam so
plötzlich, dass Ina sich vor Schreck an die Wand drückte und ab
jetzt lieber nur lauschte.
„Ach
nein? Und was war das letztens?“ Der kalte Unterton war in Maries
Stimme zurück gekehrt. „Glaub mir, es ist uns nicht entgangen.“
„Im
Gegensatz zu dir bin ich nicht auf ihn angewiesen!“, verteidigte
sich das Mädchen.
„Auf
wen dann?“, lachte Marie. „Du bist ein abscheuliches Wesen, das
sich von der Lebenskraft anderer ernährt. Nicht einmal kontrollieren
kannst du es.“ Sie machte eine Kunstpause. „Ich hingegen brauche
nur ein ganz kleines Bisschen von Emils Energie. Es ist mehr ein
hübsches Accessoire. Sogar besser als Schokolade.“
„Nur
weil ihr Hexen seid, glaubt ihr, ihr wärt etwas Besseres!“
„Sind
wir auch“, stellte Marie nüchtern fest.
„Verschwinde
einfach! Sonst sag ich Sonia, dass du hier bist!“
„Erzähl
es
ihr ruhig. Sie kann ohnehin nichts machen. Nixen haben
Neutralität geschworen.
Das ist eine Sache zwischen dir und mir.“ Da war sie wieder: Maries
zuckersüße Stimme. „Du willst spielen? Gut, dann spielen wir. Der
Bund kommt mir gerade recht.“
„Wenn
du Emil nicht in Ruhe lässt, werde ich es wahr machen!“
„Ja
ja, überstürz mal nichts, Lilian. Wir wollen doch nicht, dass du
wieder Ärger bekommst.“
Vor
Schreck japste Ina. Sie spürte wie ihr Herz in der Brust raste.
Lilian? Das war doch nicht möglich? Es
stimmt. Sie hatte es
die ganze Zeit gewusst
und damit Recht behalten.
Wenn sie es schaffte
einen Blick auf die Beiden werfen, dann
konnte sie sich sicher sein.
„Emil
ist wirklich zuckersüß“, säuselte
Marie, doch Lilian
hörte ihr überhaupt nicht mehr zu. Sie starrte Ina an, deren
Gesicht hinter der Glasscheibe aufgetaucht war. Ina blickte in die
leuchtend grünen Augen. Sie war es wirklich. Sie war ein Dämon.
In
Panik sprang Ina auf, stolperte rückwärts und stieß gegen etwas
weiches. Blitzartig drehte sie sich um und sah nur noch verschwommen
ein Gesicht vor ihr, bevor ihre Augen einfach zu fielen.
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