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Dämonen und so - Kapitel 14



Nehmt den Bauern aus dem Spiel

Die Physikklausur lief gar nicht mal so schlecht. Jedenfalls fand Emil das. Sein Lehrer hingegen sah das irgendwie nicht so und gab Emil nur 9 Punkte, was Martin für 'eindeutig zu wenig' erklärte, aber für Emil waren es mehr, als er erwartet hatte.
„Ohne dich hätte ich vielleicht nur 5 Punkte“, sagte Emil zu Martin. „Das sind jetzt ... wie viel Prozent mehr?“
„80 Prozent“, antwortete Martin ohne darüber nachgedacht zu haben. „Aber du konntest alles!“
„Ich hab die Rechenaufgabe verkackt.“
„Egal. Dein Ehrgeiz sollte mit bewertet werden. In der Klausur davor konntest du gar nichts.“
Emil wollte gerade widersprechen, denn gar nichts war doch etwas hart ausgedrückt, als er unwillkürlich Maries Blick im Nacken spürte und sich umdrehte.
Als hätte sie es bemerkt, wandte sie rasch den Blick ab, doch bei Emil blieb dieses unbehagliche, nervöse Gefühl zurück.
„Was ist?“, fragte Martin und sah sich ebenfalls um.
„Marie“, murmelte Emil. „Sie starrt mich seit Samstag schon die ganze Zeit so an.“
„Bist du dir sicher? Vielleicht bildest du dir das nur ein. Nach allem, was passiert ist...“
„Dachte ich auch. Aber ...“ Er rieb sich nervös die Hand im Nacken. „Es beunruhigt mich, das ist anders als vorher.“
Martin lachte leicht auf. „Weil sie dich aufessen möchte?“
„Weil sie meine Energie will. Ach, ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal, ob ich Lilian glauben kann. Wenn Marie wirklich so etwas vor hätte, dann würde sie es doch in der Schule versuchen.“
„Würde sie nicht.“ Wieder eine Antwort Martins, die so schnell kam, dass Emil sich fragte, ob sein Gehirn irgendwie anders aufgebaut war, als seines.
„Warum würde sie das nicht?“

„Weil sie es doch nicht vor den Sehern tun kann.“
„Sehern?“, fragte Emil verwirrt.
„Na, Seher. Das weißt du doch.“
„Nein, weiß ich nicht.“
„Hast du mir doch erzählt.“
Emil schüttelte den Kopf. „Ich hab dir davon nicht erzählt.“
„Nicht?“ Martin sah ihn einige Sekunden an. „Muss ich wohl woanders aufgeschnappt haben.“
„Vielleicht. Also was sind nun Seher?“, fragte Emil neugierig.
„Später.“ Martin sah sich zu beiden Seiten um, als wenn sie beobachtet würden und tatsächlich saß Ina in einiger Entfernung zu ihnen und spitzte die Ohren. Sicher war aber, dass sie, wenn überhaupt, nur die Hälfte von dem mitbekommen hatte, was die Beiden redeten.

~*~*~*~*~*~

Die Schule war aus und Ina gerade auf dem Heimweg. Sie ärgerte sich immer noch, dass Emil und Martin sie vollständig ausschlossen, wenn es um die Sache mit Marie und Lilian ging. Dabei war sie es doch gewesen, die bewiesen hatte, dass Lilian ein Dämon war. Genervt trat sie einen Kiesel vom Weg zur Seite. Nicht mal ein Danke hatte sie dafür bekommen und dann hatte Emil sie auch noch rausgeworfen. Es war ein totaler Reinfall gewesen. Wie konnte sie das nur wieder hinbiegen?
Gedankenverloren ließ sie den Blick über die Leute schweifen, die ihr entgegen kamen. Erkannte man Dämonen wirklich nur, wenn man Alkohol getrunken hatte? Waren sie nicht sonst irgendwie auffällig? Die Augen, der Blick, wie sie liefen? Hatten sie Reißzähne? Nein, Lilian hatte auch keine. Nicht einmal in ihrer Dämonenform. Also woran dann?
Nach einigen Minuten musste Ina aufgeben. Es gab einfach zu viele verschiedene Auffälligkeiten zwischen den Personen. Der Eine wankte von links nach rechts, einer starrte die ganze Zeit auf den Boden, eine kaute auf ihrer Haarsträhne, wie sollte man unter diesen ganzen komischen Leuten einen Dämon finden?
Doch bevor Ina den Blick abwenden konnte, erstarrte sie, als sie den Mann erkannte, der gerade an ihr vorüber ging. Sie wusste nicht einmal, warum sie ihn erkannte, denn sie hatte ihn nur für einige Sekunden bewusstlos auf dem Boden liegen sehen, aber sie war sich sicher. Da hatte sie ihr Gesichtergedächtnis noch nie enttäuscht.
„Hey“, rief sie und eilte dem Mann nach. Dieser blieb verwundert stehen. „Ich kenne Sie!“
Er starrte sie nur für einige Sekunden mit seinen blauen Augen an. „Wie bitte?“
„Sie stecken mit Marie unter einer Decke! Was haben Sie eigentlich vor?“ Ina bäumte sich vor ihm auf und drohte ihm mit dem Finger.
Zum Glück hatte Ina keine Ahnung, was er mit Lilian angestellt hatte, denn ihr unerschrockenes Auftreten jagte wiederum ihm eine Heidenangst ein, sodass er ohne zu zögern plötzlich los sprintete und Ina sofort hinterher. „Ich bin noch nicht mit Ihnen fertig!“
Die Verfolgungsjagd ging quer durch den Park hinein in die Innenstadt, wo er wahrscheinlich hoffte, Ina zwischen den Menschen los zu werden, doch diese war ihm dicht auf den Fersen, überzeugt davon, dass er die Antwort auf all ihre Fragen war und so leicht gab sie nicht auf.
Im Sportunterricht hätte sie bereits nach den ersten Sekunden aufgegeben, aber hier ging es um mehr: um viel mehr. Wie verbissen rannte sie. Auch wenn ihre Beine schon nach den ersten Metern streikten. Sie musste ihn kriegen!
Mit vielen Entschuldigungen und 'Achtung' kämpfte sie sich durch die entgegenkommenden Leute. Manchmal hatte sie sogar Glück und der flüchtende Mann schubste ihr die Passanten bereits aus dem Weg. Um ihm etwas zu zubrüllen, hatte sie nicht mehr genug Luft.
Schlitternd bog er um eine Ecke in eine kleinere Straße ab und direkt in die Nächste. Er schlug Haken bis sie in einer kleinen Gasse landeten. Für einen Moment zögerte er, welche Richtung er wählen sollte, sodass Ina ihn trotz ihres großen Abstands einholen konnte.
Beherzt stürzte sie sich auf den Mann und riss ihn zu Boden. Mit den Knien hielt sie ihn unten.
„Wer bist du?“, keuchte er und machte keine Anstalten sich zu befreien.
„Ich bin Ina“, verkündete diese triumphierend und nach Luft ringend.
„Wo hast du gelernt?“
„Selbstverteidigungskurs und Tekken.“
„Tekken?“, fragte er verwundert.
„Weißt du, das ist so ein Spiel ...“, fing Ina mit der Erklärung an, doch er unterbrach sie:
„Du bist kein Wächter?“
„Nö.“
Das hätte Ina lieber nicht sagen sollen. In Sekundenschnelle hatte er ihre Griffe gelöst. Ein schneller Schlag auf ihr Kinn und Ina brach bewusstlos zusammen.

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