Ich seh schon, das wird ein Spaß
Die
Tür von Maries Wagen schloss sich hinter Emil. Er war immer noch
total unruhig. Zur Begrüßung hatte er nur einige Worte gestammelt,
seitdem versuchte er in dieser ihm fremden Situation klar zu kommen,
was sich als schwerer erwies als vermutet. Erschrocken merkte er, wie
seine Hände schwitzten und versuchte sie unauffällig an seinem
Pulli trocken zu reiben.
Marie
startete den Motor und fuhr schweigend los. Emil zählte
währenddessen die Sekunden. Er wusste, er musste irgendetwas sagen,
um ein Gespräch zu beginnen. In seinem Kopf malte er sich
unterschiedlichste Szenarien aus, doch keines schien ihm passend.
Sie
hatten noch nicht den Parkplatz verlassen, da bemerkte Emil mit einem
Mal:
„Darfst
du überhaupt schon Auto fahren?“ Die Wörter gingen ihm besser
über die Lippen als er gedacht hatte.
„Wieso?“,
fragte Marie
und bog in die Straße ein.
„Habe
ich deinen Geburtstag verpasst?“ Emil war sich nicht sicher, wann
sie noch mal Geburtstag hatte. Das letzte Mal war sie noch 17
gewesen.
„Ach,
ich hab meinen
Führerschein früher gemacht.“ Marie
lächelte leicht und fing an mit den Fingern auf dem Lenkrand herum
zu tippen.
„Brauchst
du dann nicht eine Aufsichtsperson?“
Marie
schwieg kurz und Emil blieb währenddessen das Herz stehen. Er
stellte sich schon darauf ein, direkt an der nächsten Straßenecke
wieder herausgelassen zu werden. Das war es dann mit einem Date mit
Marie.
„Ich
habe doch dich dabei“, sagte Marie schließlich und Emil ließ es
erleichtert dabei bewenden.
Er
hatte vollkommen vergessen, dass Marie eine Hexe war. Wahrscheinlich
verzauberte sie den Polizisten einfach, wenn sie angehalten werden
sollte. Dann kurbelte sie einfach total gelassen das Fenster
herunter, lächelte ihr magisches Lächeln und der Polizist würde
sie nur weiter winken.
Unwohl
war ihm bei den Gedanken dennoch. Besonders der Teil mit dem
Polizisten anlächeln, ließ Emils Eifersucht aufkochen.
Aber
jetzt musste er erstmal das Gespräch weiterführen, bevor sie ihn
vergaß.
Das
Auto bog um die nächste Ecke, kaum 500m vom Parkplatz entfernt.
Er
hatte gerade schon den Mund geöffnet, um etwas zu sagen, auch wenn
er noch nicht wusste was, da fiel Marie ihm leicht
gereizt ins Wort: „Könntest du kurz ruhig sein?“ Dann hielt sie
inne und fügte entschuldigend hinzu:
„Zumindest bis ich auf der Autobahn bin? Okay?“
Emil
war daraufhin
augenblicklich still. Soviel redete er doch überhaupt nicht. Er
redete nie viel. Genau genommen hatte er es noch nie geschafft,
jemanden damit zu nerven, dass er redete. Das war also das erste Mal,
dass ihn jemand zur Ruhe bat und dann war es auch noch Marie.
Aber wenn sie sich konzentrieren musste, war das in Ordnung.
Schließlich war sie Fahranfängerin. Da brauchte man Ruhe im Auto.
Emil
versank in seinem Sitz und lauschte dem leisen gestellten
Radio. Dieses spielte
eigentlich ganz gute Musik. Doch dann
drehte Marie
das Radio bei einem
komischen Songs lauter,
den
Emil am liebsten überhaupt nicht gekannt hätte.
Sein
Blick wanderte, ohne dass er es merkte, aus dem Fenster auf die
Felder und Hügel, die jenseits der Autobahn an ihnen vorbei zogen.
Seine Aufregung und Verunsicherung fielen von ihm ab, als seine
Gedanken an einen anderen Ort wanderten, an dem es Drachen, Schwerter
und Prinzessinnen gab.
~*~*~*~*~*~
Es
war schon früher Abend, als Martin die Haustür öffnete und
verwundert war, Sonia zu erblicken.
„Sie
ist weg!“, platzte es aus ihr heraus, bevor er überhaupt fragen
konnte, was sie hier machte.
„Wer?“,
fragte Martin aus Reflex.
„Lilian!“
„Und?“
„Das
Schwert ist auch weg!“, sagte sie während sie aufgelöst mit den
Händen in der Luft herum wedelte.
„Welches
Schwert?“
Sonia
sah ihn strafend an, als würde er sich über sie lustig machen. „Das
Schwert!“
„Was
meinst du?“, setzte Martin noch einmal an.
„Das
ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Witze zu machen.“
Martin
schluckte. Er hatte zu seiner eigenen Verwunderung wirklich keine
Ahnung wovon sie sprach und das passierte so gut wie nie. Wenn er
darüber nachdachte, eigentlich nie.
Etwas
verlief nicht, wie er es vorhergesehen hatte. Wie Lilian das
angestellt hatte, wusste er nicht. Aber sie musste ihn ausgetrickst
haben und damit stand Emils Zukunft auf der Kippe. Er musste etwas
unternehmen.
„Also,
das Dämonenschwert ist weg?“, fragte er und überlegte direkt, was
er als nächstes sagen sollte.
„Lilian
hat es genommen und ist sicher damit auf dem Weg zu Marie, aber die
ist auch weg!“
„Jetzt
beruhig dich, Cousinchen.“
„Ich
beruhig dich gleich!“ Sonia schlug mit der flachen Hand gegen den
Türrahmen, woraufhin Martin nervöse Blicke in die Wohnung hinein
warf.
„Schon
gut. Schon gut.“
Sonias
Miene erhellte sich sofort. „Ich wusste, du würdest mir helfen.“
„Natürlich“,
murmelte Martin gequält. „Helfen ...“
„Und
da ich wusste, wie sehr du Lilian doch magst ...“
„Das
ist nicht dein Ernst!“, keuchte Martin, der in diesem Moment
plötzlich wusste, was Sonia als nächstes sagen würde. Sonia hatte
bereits Ina auf den Plan gerufen, die sie hierher gefahren hatte und
im Auto wartete.
„Und
weißt du was“, fuhr Sonia fort. „Sie erinnert sich
merkwürdigerweise an überhaupt nichts mehr, was mit Lilian oder
Marie zu tun hat. Ihre Erinnerungen wurden scheinbar nicht von einem
Wächter gelöscht, sondern nur versiegelt. Es könnte also
passieren, dass irgendwer ein falsches Wort fallen lässt und das
Siegel wieder aufbricht. Das wäre sicher nicht in deinem Interesse.
Besonders da du Ina von Anfang an aus der Sache hättest heraushalten
sollen.“
Martin,
der sie die ganze Zeit nur mit offenem Mund angestarrt hatte, schloss
diesen nun langsam wieder. „Ich seh schon, dass wird ein Spaß.“
Und
während Sonia ihn zum Auto zerrte, dachte er daran, dass ihm diese
Version des Endes eigentlich ganz gut gefiel.
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