Mehr oder weniger glückliche Zufälle
Der
Bus hatte gerade erst gehalten. Doch Emil war viel zu weit entfernt,
um den Bus zu erwischen. Das konnte er nicht schaffen.
Dennoch
hastetet er über die Straße. Zu seinem Glück kam gerade kein Auto.
Gleich würden sich die Türen des Busses wieder schließen und dann
weiter fahren. Emil sah es schon kommen, als er schon das Piepen
hörte. Die Türen schlossen sich. Emil wollte bereits anhalten, als
er bemerkte, dass die Fahrertür noch aufstand. Mit einem Satz war er
im Bus. Er musste sich an der Armatur festhalten, damit seine Beine
nicht nachgaben. Hinter ihm schlossen sich die Türen.
„Na,
nochmal Glück gehabt“, grummelte der Busfahrer.
„Ja“,
keuchte Emil und richtete sich auf. Sein Atem ging unkontrolliert
schnell und er glaubte fast zusammen zu brechen.
Der
Bus setzte sich in Bewegung, während Emil immer noch vorne stand. Er
warf einen Blick durch die Scheibe des Busses, um zu erkennen, ob der
Seher noch hinter ihm war. Doch er konnte ihn nirgendwo erkennen.
„Ticket?“,
fragte der Busfahrer.
„Was?“,
stieß er aus, bevor sein Gehirn die Frage verarbeiten konnte. „Eh,
ja.“ Er griff in seine Hosentasche. Er griff in seine Hosentaschen
und fand nur ein benutztes Taschentuch und ein Snickers-Papier vom
letzten Mittwoch darin. Sowohl sein Geld, als auch sein Handy und
Schlüssel lagen noch in seinem Haus. Er griff in die andere Taschen
und fand immerhin etwas Kleingeld, dass er dem Busfahrer hinlegte.
Dann bahnte er sich an den Stangen entlang hangelnd seinen Weg in den
hinteren Teil des Busses.
Es
hatte wirklich funktioniert. Er war entkommen. Ein breites Grinsen
breite sich auf seinem Gesicht aus, als er sich auf den harten Sitz
fallen ließ. Jetzt wurde ihm erst recht schwindelig. Erst als sein
Atem sich langsam wieder beruhigte, konnte er wieder einen klaren
Gedanken fassen und Unruhe beschlich ihm. Das war fast zu glatt
gelaufen. Was, wenn er dem Seher nicht entkommen war?
Er
sah sich im Bus um. Außer ihm, waren nur fünf Personen dort. Eine
alte Dame im vorderen Teil des Busses, zwei Studenten mit Kopfhörern
in den Ohren, ein Mädchen, das viel zu stark geschminkt war, und
eine Mutter mit Kinderwagen. Das Kind darin hatte er einfach mal
nicht mitgezählt. Den Seher sah er nicht. Noch irgendjemand anderen,
der irgendwie verdächtig schien. Es waren eine ganz normale
Busfahrt.
Emil
lehnte sich im Sitz zurück. Was sollte er jetzt nur tun? Wie sollte
er nur beweisen, dass Martin nicht der Nekromant war?
Martin
spielte zwar manchmal falsche Spiele, das wusste Emil seit Martin ihn
in Maries Arme getrieben hatte, weil er glaubte, das wäre das Beste
für Emil. Doch er würde dafür niemanden umbringen. Und selbst
wenn, fielen Emil hunderte von Möglichkeiten ein, wie Martin ihn
geschickter hätte umbringen können, als Nekromantie dafür zu
benutzten.
Warum
war er nur so machtlos? Er hatte keine Magie auf die er zurückgreifen
konnte. Cornelius hatte gerade alles riskiert, um ihn aus dem Haus zu
befreien. Und Emil konnte rein gar nichts mit der gewonnen Freiheit
anfangen. Er wusste nicht einmal, ob er es wirklich geschafft hatte,
dem Seher zu entkommen.
Wusste
ein Seher nicht immer, was Emil als nächstes tun würde? Ewig konnte
er ihm nicht weglaufen, aber zumindest konnte er Zeit schinden, bis
der Seher ihn eingeholt hatte. Martin hatte mal gesagt, dass es ihm
schwer fallen würde, genaue Zukunftsvorhersagen zu treffen, wenn
Emil sich in großer Entfernung zu ihm befand. Vielleicht konnte der
Bus Emil also die Zeit verschaffen, die er brauchte. Zumindest hoffe
er das.
Die
Ansage der nächsten Station tönte durch den Bus „Eckstraße“.
In welchen Bus war er eigentlich eingestiegen? Er fuhr so gut wie nie
Bus und hatte keine Ahnung in welche Richtung dieser unterwegs war.
Ein Blick aus dem Fenster verriet ihm auch nicht mehr. Die Gegend kam
ihm nicht bekannt vor. Und ob und wie oft der Bus mittlerweile
abgebogen war, hatte er in der Aufregung überhaupt nicht
mitbekommen.
Kurz
überlegte er auszusteigen, doch dann beschloss er einfach
abzuwarten. Vielleicht kam er so weit genug weg kommen. Aber was
würde ihm das bringen, wenn er keine Ahnung hatte wohin er sollte,
noch was er tun konnte? Was konnte man schon machen, wenn der
Verfolger jemand war, der in die Zukunft sehen konnte? An wen sollte
er sich wenden? Er hatte nichts dabei. Wenn er Bus an seiner
Endhaltestelle angekommen war, würde er nicht weiter kommen. Das war
sein letztes Geld gewesen.
Sonst
hatte Martin ihm immer aus solchen Situationen geholfen. Doch dieser
brauchte jetzt seine Hilfe.
Was
war mit Lilian? Vielleicht konnte er sie zu Hause erwischen. Sie
konnte ihm vielleicht helfen. Ob sie wusste, dass Martin von den
Sehern mitgenommen war? Dass sie ihn in seinem Haus eingesperrt
hatten? Würde sie sich Sorgen um ihn machen? Suchte sie bereits nach
ihn?
Wenn
er nur wüsste, wohin der Bus fuhr. Dann könnte er wenigstens
überlegen, was er als nächstes tun konnte. Wer in der Nähe wohnte,
welchen Bus er als nächstes nehmen konnte. Erneut sah er nach
draußen und glaubte die Gegend wiederzuerkennen. Er kannte diese
weißen Hochhäuser. Er wusste nur nicht mehr genau, zu welchem
Stadtteil er sie zuordnen sollte.
Der
Bus hielt am „Karl-Heinz-Platz“ und Emil hatte immer noch keine
Ahnung wo diese Haltestelle war. Emil lehnte sich etwas nach vorne,
um durch die Frontscheibe vielleicht mehr erkennen zu können, als er
vorne im Bus Ina erkannte. Sie war gerade eingestiegen und kam jetzt
geradewegs auf ihn zu.
Zunächst
glaubte er, dass ihm sein Kopf einen Streich spielte. So viele
Zufälle gab es nicht. Er sah kurz weg, dann wieder nach vorne, doch
Ina war immer noch da. Ihr Blick blieb bei Emil hängen. Das war zu
gut um wahr zu sein.
Ina
winkte aufgeregt, als sie ihn erkannte und kam direkt auf ihn zu. Der
Bus setzte sich wieder in Bewegung.
„Emil?!“,
rief sie erstaunt aus. „Was machst du hier?“ Ihre brauen Augen
sahen ihn ungläubig hinter der dicken Brille an.
Emil
hatte keine Ahnung, was er darauf entgegen sollte. Ich renne gerade
vor den Sehern weg, war keine vernünftige Antwort auf die Frage.
Noch dass er Beweise brauchte, um zu beweisen, dass Martin nicht der
Nekromant war. Während er noch darüber nachdachte, was er erwidern
sollte, übernahm Ina stattdessen das reden:
„Warum
starrst du mich an, als wäre ich eine Erscheinung? Ich bin in deiner
Klasse, schon vergessen? Ina?“ Sie deutete auf sich.
Das
ließ Emil aus seiner Starre erwachen. „Ich war nur so verwundert
dich hier zu treffen“
„Warum?“
Ina klimperte verwirrt mit den Augen. „Ich wohne doch direkt um die
Ecke.“
Jetzt
fiel Emil ein, warum erst ich an die Hochhäuser erinnert hatte. Vor
zwei Jahren war er mal wegen einer Gruppenarbeit bei Ina gewesen.
Deshalb kamen ihm die Gebäude bekannt vor. Natürlich wohnte sie
hier. Aber wie sollte Ina ihm in so einer Situation helfen?
„Aha...“,
murmelte Emil.
„Hast
du getrunken?“, fragte Ina und musterte ihn nun von oben bis unten.
„Du siehst ziemlich fertig aus.“
„Quatsch!“,
protestierte Emil und fuhr sich durch das verschwitzte Haar. „Und
danke auch.“ Doch als er es ausgesprochen hatte, fiel ihm auf, dass
das gar keine so doofe Idee war. Ina quatschte trotzdem einfach
weiter:
„Na,
wenn du es mir nicht verraten willst, ist das auch in Ordnung. Ich
bin auf dem Weg zur Tanzschule, falls du dich das gefragt hast.“
„Du
tanzt?“, fragte Emil aus Reflex, während er eigentlich noch
darüber nachdachte, ob Alkohol ihm in dieser Situation helfen würde.
Alkohol konnte ihm die wahre Gestalt von magischen Wesen offenbaren.
Doch das würde ihm hierbei nicht helfen. Seher konnte er damit auch
nicht identifizieren und ob er Magie sehen würde, war noch eine ganz
andere Frage.
„Ja,
ich tanze. Was ist daran so komisch?“, antwortete Ina in leicht
säuerlichem Ton auf Emils dämliche Nachfrage.
„Nichts.
Ich wusste nur nicht, dass du tanzt.“
„Auch noch nicht so lange.“ Ina wurde plötzlich verlegen. Ihre Wangen liefen rosa an und sie senkte den Blick etwas. „Richard hat mich gefragt, ob ich mit ihm einen Tanzkurs mache.“
„Auch noch nicht so lange.“ Ina wurde plötzlich verlegen. Ihre Wangen liefen rosa an und sie senkte den Blick etwas. „Richard hat mich gefragt, ob ich mit ihm einen Tanzkurs mache.“
„Das
ist … schön.“ Emil hatte keine Ahnung was er dazu sagen sollte.
In seinem Kopf überlegte er immer noch, ob Ina ihm irgendwie helfen
konnte. Konnte sie Richard kontaktieren?
„Er ist nicht so ein Emotions-Vollpfosten, wie du es bist.“ Das traf Emil doch mehr, als er gedacht hatte.
„Er ist nicht so ein Emotions-Vollpfosten, wie du es bist.“ Das traf Emil doch mehr, als er gedacht hatte.
„Hey!
Ich bin kein Emotions-Vollpfosten! Was immer das sein soll...“
„Sorry.
Das war nicht so gemeint.“
Während Emil noch überlegte, wie sie es dann bitte gemeint hatte, fuhr sie fort:
„Und was hast du so vor?“ Sie sah ihn erwartungsvoll an.
Während Emil noch überlegte, wie sie es dann bitte gemeint hatte, fuhr sie fort:
„Und was hast du so vor?“ Sie sah ihn erwartungsvoll an.
Emil
wusste nicht, ob er sie fragen sollte, ob sie Richard anrufen sollte.
Was wenn Richard mit den Sehern zusammenarbeitete? Emil kannte ihn
überhaupt nicht. Er wusste nicht, auf wessen Seite er stand. Am
besten zog er da weder Ina noch ihn mit rein. Ina hatte genauso wenig
wie er irgendwelche magischen Fähigkeiten, noch konnte sie ihm einen
Hilfe sein. Er hatte es mit Kräften zu tun, die alles überstiegen.
Aber was hatte er vor? Was konnte er überhaupt tun.
„Ich
hab' keine Ahnung.“
„Wie keine Ahnung?“, fragte Ina erstaunt. „Bist du wirklich nicht betrunken?“
„Nein, Ina. Ich -“, begann Emil ohne wirklich zu wissen, was er sagen wollte. Wie sollte er ihr das erklären? Sie wusste zwar von der magischen Welt, aber egal was er sagen würde, sie würde es ihm eh nicht glauben.
Zu seiner Rettung vibriertes Inas Handy genau in diesem Moment lautstark und gab ein „Plop“ von sicht. Sie zog es sofort aus ihrer Jackentasche, um die SMS zu lesen, die gerade gekommen war. Emil atmete innerlich auf. Das verschaffte ihm Zeit darüber nachzudenken, wie er seinen Situation erklären sollte, als sie ihm plötzlich das Handy hinhielt.
„Wie keine Ahnung?“, fragte Ina erstaunt. „Bist du wirklich nicht betrunken?“
„Nein, Ina. Ich -“, begann Emil ohne wirklich zu wissen, was er sagen wollte. Wie sollte er ihr das erklären? Sie wusste zwar von der magischen Welt, aber egal was er sagen würde, sie würde es ihm eh nicht glauben.
Zu seiner Rettung vibriertes Inas Handy genau in diesem Moment lautstark und gab ein „Plop“ von sicht. Sie zog es sofort aus ihrer Jackentasche, um die SMS zu lesen, die gerade gekommen war. Emil atmete innerlich auf. Das verschaffte ihm Zeit darüber nachzudenken, wie er seinen Situation erklären sollte, als sie ihm plötzlich das Handy hinhielt.
„Ist
scheinbar für dich?“, sagte sie zögerlich, als würde sie etwas
neben sich stehen.
Emil
sah sie unverständlich an. Wie kam sie darauf? Dann senkte er den
Blick und las dem Text auf dem Display:
Gib
Emil das Handy.
Der Text stand auf
den Display so deutlich, als wäre er in Stein gemeißelt. Im ersten
Moment dachte Emil, es sei ein Trick, als plötzlich das Handy erneut
„plopte“ und ein weiterer Text darunter erschien.
Ich habe deine
Freundin
Ina beugte sich nach vorne über das Handy. „Welche Freundin? Emil?
Was ist passiert?“
Lilian,
stellte das Handy klar. Das Teil hat die Nachricht
zu früh abgeschickt!
Immer noch starrte Emil das Handy an. Wie konnte das sein? Wie konnte
er Lilian haben. Lilian war niemand der sich entführen ließ.
Außerdem war es unmöglich, dass jemand wissen konnte, dass Emil
gerade hier war. Außer-
„Der
Seher“, murmelte Emil. Seine
Gedanken wirbelten durcheinander. Der Seher hatte ihn gefunden. Aber
warum hatte er Lilian entführt? Er war doch gerade noch bei ihm
Zuhause gewesen. Das ergab doch
alles keinen Sinn.
„So
wie Martin einer ist?“, fragte
Ina erstaunt.
„Aber
warum behauptet er Lilian zu haben?“ Noch bevor Emil die Frage
ausgesprochen hatte, formte sich die Antwort in seinem Kopf und
er sprach sie laut aus. „Der
Nekromant arbeitet mit den Sehern zusammen.“
„Welcher
Nekromant?“ Inas Augen
wurden immer größer und sie starrte ihn mit offenem Mund an.
„Warum habt ihr mir nichts davon gesagt?“
Emil
ging überhaupt nicht auf ihre Frage ein und versuchte fieberhaft die
Gedanken in seinem Kopf zu ordnen. Martin hatte gesagt, dass der
Nekromant ein Normalsterblicher sein musste. Ein
Seher brauchte keine nekromantischen Kräfte. Aber warum arbeitete er
mit den Sehern zusammen? Wie
konnten die Seher sich nur darauf einlassen? Was hatten sie davon?
Das passt alles nicht
zusammen.
„Was
für ein Nekromant?“, wiederholte Ina ihre Frage. „Wovon
redest du eigentlich?“
Erst
jetzt wurde Emil bewusst, was das hier bedeutete. Der Seher wusste,
wo er war. Emil
war ihm noch lange nicht entkommen. Wenn
der Seher in der Nähe war, dann musste Emil so schnell wie möglich
aus diesem Bus raus. Es würde
nur eine Frage der Zeit sein, bis der Seher ihn vollständig
aufgespürt hatte.
Emil
drückte Ina ihr Handy wieder in die Hand und stand so abrupt
auf, dass Ina zurück stolperte.
„Ich muss die Nächste raus!“
„Wohin
willst du denn? Was hat das alles zu bedeuten?“, rief
Ina ihm nach „Was
will dieser Nekromant denn?“
„Mich
umbringen“, war Emils simple Antwort darauf.
„Lass den Quatsch! Das meinst du doch nicht ernst… Nein. Oder?!“
„Lass den Quatsch! Das meinst du doch nicht ernst… Nein. Oder?!“
Der Bus bremste langsam und kam zum stehen.
„Emil?“ Ina hastete zu ihm. „Wie meinst du das?“
„Emil?“ Ina hastete zu ihm. „Wie meinst du das?“
Emil antwortete nicht. Er dachte verzweifelt darüber nach, wie er
dem Seher ein weiteres Mal entkommen sollte. Der Seher hatte ihn
bereits lokalisiert. Würde es helfen einfach den nächsten Bus zu
nehmen? Ohne Ahnung, wo er hinfuhr? Einfach so lange Busse wechseln
bis der Seher nicht mehr mitkam. Und warum schickte ihm der Seher
eine SMS, dass er Lilien hatte? Warum Lilian? Der Nekromant hatte es
doch auf ihn abgesehen. Nicht auf Lilian. Warum entführte er also
sie und nicht ihn?
Weil er unter dem Schutz der Seher stand, beantwortete er seine Frage
selbst. An ihn kamen sie nicht heran. Also war Lilian das nächste
Ziel. Sie wollten, dass er dadurch zu ihnen kam und ihnen dadurch in
die Falle ging.
Der Bus kam zum stehen und kaum gingen die Türen auf, stieg Emil
aus.
„Warte!“, rief Ina und stolperte
hinter ihm her.
Mit einer raschen Bewegung wandte
Emil sich um. Warum mischte sie sich ein? So würde er nie eine
Lösung finden. Dass er dem Seher entkommen musste, war schlimm
genug, jetzt hatte er auch noch Ina als Klotz am Ben. „Halt dich
daraus!“
Ina zuckte augenblicklich
zusammen und erstarrte in ihrer Bewegung. Der Bus fuhr davon.
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