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Dämonen und so - Kapitel 16



Geliebter Feind



Richard brachte das Mädchen dahin zurück, wo er sie überwältigt hatte. Maries Zauber beschützte ihn vor neugierigen Blicken und so schaffte er es unbemerkt bis in diese kleine Gasse. Er wusste, dass sobald er sie hier ablegen würde, der Zauber schnell verschwand. Also musste er sich beeilen.
Ihr lebloser Körper glitt auf den Boden. Sie sah so friedlich aus, als würde sie schlafen. Aber noch stand sie unter Maries Magie. Sie schlief ruhig und würde sich, wenn sie aufwachte, an nichts mehr erinnern können.
Er warf einen letzten Blick auf das bewusstlose Mädchen, bevor er sich aufrichten wollte. Doch dann regte sich zu ihrem Entsetzen etwas in ihrem Gesicht. Ohne Vorwarnung riss sie die Augen auf und starrte ihn mit ihren großen braunen Augen an.
Richard war wie erstarrt. Er hoffte irgendwie, wenn er sich jetzt nicht bewegte, würde sie ihn nicht einmal bemerken. Doch anstatt, dass ihre Augen sofort wieder zu fielen, wanderten sie an ihm hinauf und hinunter und blieben dann schließlich an seinem Gesicht hängen.
„Ein hübscher Unbekannter“, murmelte das Mädchen schlaftrunken und strahlte mit einem Mal über beide Ohren.
Er starrte sie weiterhin an. Sie starrte zurück. Langsam bekam er es mit der Angst zu tun. Wer war sie? Hatte sie wirklich keine magischen Fähigkeiten? Sie hielt ihn mit ihrem Blick gefangen. Richard kannte das von Marie, wenn sie ihn zu etwas überreden wollte. Doch dieser Blick hier war anders. Unschuld lag darin, mehr als Marie ihm jemals vorspielen konnte. Der Blick war pure Ehrlichkeit und das war das Beängstigenste, was Richard sich vorstellen konnte.
„Ich wurde von ...“ Die Stimme des Mädchens wurde immer schwächer, bis schließlich auch ihre Lider der Müdigkeit nachgaben. Richard erfuhr nie, was sie hatte sagen wollen, denn sie war bereits wieder in ihren traumlosen Schlaf gesunken, als er das Geschehene abschüttelte, aufstand und sie dort liegen ließ.
Das Ganze ging ihn nichts an. Sie war niemand. Das versuchte er sich zumindest einzureden.

~*~*~*~*~*~

Es war bereits früher Abend, als Ina erwachte. Zunächst wusste sie nicht, wo sie war und fuhr dementsprechend alarmiert hoch, bis sie dann doch feststellte, dass sie alleine war. Die Gasse, in der sie lag, war menschenleer.
Als sie auf sah, bemerkte sie zunächst, das Licht in einigen Fenstern. Ein Blick weiter nach oben verriet ihr, dass die Dämmerung angebrochen war.
Sie wusste weder wie sie hierher gekommen war, noch wo sie war. Ja, was hatte sie überhaupt davor getan?
So saß sie grübelnd da. Doch sie kam zu keinem Ergebnis. Ihr Kopf war so leer, wie sonst nur in Mathematikklausuren. Nur dunkel erinnerte sie sich daran, heute morgen in der Schule gewesen zu sein. Oder war das gestern gewesen? Wie spät war es eigentlich?
Ina kramte nach ihrem Handy und fand es schließlich in ihrer Umhängetasche zwischen dem Block und den einzelnen Stiften. Der Inhalt der Tasche ließ darauf schließen, dass sie in der Schule gewesen war.
Aber wie spät war es? Das Handydisplay verkündete in pink 17:53 Uhr. Wenigstens keine entgangenen Anrufe. Nicht einmal eine SMS. Das war aber auch nicht anders zu erwarten gewesen.
Träge rappelte sich Ina auf. Sie sollte noch Hause gehen, dachte sie sich. Schließlich gab es bald Abendessen.
Erst später, als sie schon längst zu Hause war, erinnerte sie sich wieder daran, nach der Schule durch die Stadt gegangen zu sein, doch was wirklich passiert war, war vollständig aus ihren Erinnerungen gelöscht worden.


~*~*~*~*~*~

„Ich habe nur noch zwei Wochen und bin keinen Schritt weiter gekommen.“ Marie stocherte genervt in ihrem Salat herum und massakrierte dabei eine Tomate aus der die blassrote Flüssigkeit spritzte. „Hörst du? Zwei Wochen! Ich hätte bereits letzte anfangen müssen.“
„Warum hast du es dann nicht?“, schlug Richard ihr daraufhin vor, worunter dann aber die Tomate zu leiden hatte.
„Du weißt, ich brauche diese Quelle. Ohne Sie wird es nicht möglich sein es herzustellen. Alles was du anschleppst ist ein Mädchen aus meiner Stufe.“ Marie schob sich die halb zerdrückte Tomate in den Mund und machte sich daran den Salat fein säuberlich mit der Gabel zu zerhacken.
„Wer ist dieses Mädchen überhaupt?“, fragte Richard mit einem Mal, doch Marie ignorierte ihn:
„Wenn dieser Seher nicht wäre ...“
„Sie geht also in deine Stufe?“
„... und dieser lästige Bund. Es ist als würde Lilian hier am Tisch sitzen und mir zuhören.“
„Wie heißt sie?“
„Dieses Biest.“
„Du solltest sie einfach töten.“ Richard zuckte mit den Schultern und Marie starrte ihn unverständlich an:
„Wen?“
„Lilian.“
„Hallo? Wir sind nicht mehr im Mittelalter. Weißt du wie schwer es ist eine Dämonenklinge aufzutreiben?“
„Ich dachte ja nur, wenn dich dieser Bund stört, dann bring es zu Ende. Du kannst gar nicht verlieren. Die Dämonenjäger gewinnen immer.“
„Wir reden von Zeiten, wo Dämonenjagen noch ein Hobby war. Aber mittlerweile sind wir in der Neuzeit angekommen. Heutzutage köpft man keine Dämonen mehr.“
„Aber du dürftest es.“
„Ich warte einfach ab. Sobald ich meinen Plan durchgeführt habe, wird sie ohnehin früher oder später auftauchen.“
„Du hast einen Plan?“, fragte Richard verdutzt. „Kommt das Mädchen auch darin vor?“
„Kannst du bitte aufhören dauernd von Ina zu reden? Das Mädel geht mir ja sonst schon auf den Keks.“
Richard ließ sich nichts anmerken, aber ein kurzes Grinsen konnte er nicht unterdrücken. „Also, dein Plan.“
„Was interessiert dich das? Du hilfst mir einfach, wenn ich dich darum bitte und den Rest kannst du mir überlassen. Es wird schwer werden, aber ich glaube mit einer Sache bin ich Lilian und dem Seher meilenweit voraus.“
„Womit?“
Marie stand auf, ohne ihren zerstörten Salat noch einmal anzurühren. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Dass Emil hoffnungslos in mich verknallt ist.“

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