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Dämonen und so -Kapitel 2


Wen man nicht alles so trifft

Es gab drei Dinge, deren Emil sich absolut sicher war: Erstens: die Musik war seit Anfang der Party scheiße.. Zweitens: der Barkeeper war ein Kumpel von Martin, der Emil, und zwar reichlich, Bier und anderen Alkohol kostenlos ausgeschenkt hatte. Und drittens: Emil wartete sehnsüchtig darauf, dass Marie endlich auftauchen würde.
Jedoch war er sich nicht einmal sicher, ob er sie schon gesehen hatte. Denn ohne Brille erkannte er gerade mal was knapp einen Meter um ihn herum passierte. Alles andere verschwamm vor seinen Augen, auch wenn er sich nicht sicher war, ob der Alkohol dabeinicht doch eine größere Rolle spielte. Er hatte gerade beschlossen, noch einmal nachzuzählen, wie viele Gläser Bier er bereits hatte. Er versuchte es an einer Hand, die, wie er schnell merkte, nicht ausreichte.
Dann merkte Emil, wie jemand auf ihn zukam. Er blinzelte und rieb sich die Augen. Das Licht machte es nicht gerade einfacher, zu erkennen, wer es war. Doch als er vor ihm stand, erkannte er Martin.
„Sie ist hier“, schrie Martin mit heiserer Stimme gegen die Musik an.
„Wer?“
„Na Marie!“
„Echt?“
„Würde ich's sonst sagen?“
„Wo ist sie?“
Martin deutete hinter sich und Emil sah daraufhin in die Richtung, doch er konnte aufgrund seines eingeschränkten Sichtfelds nicht erkennen.
„Bist du dir sicher, dass sie es ist?“, fragte er unsicher.
„Hundert Prozent. Sie ist mit Steffi und Lisa hier.“
Emil hätte sich am liebsten mit der Hand gegen die Stirn geschlagen. Das konnte doch nicht sein. Jetzt war sie auch noch mit Anhang hier. Martin hatte seinen Blick bemerkt und fügte hinzu:
„Vielleicht kannst du sie irgendwie weglocken. Genau! Frag sie, wo die Theke ist! Und schau dabei nicht so besoffen drein wie jetzt, sonst kauft sie dir das nicht ab.“
Emil warf ihm einen bösen Blick zu und rutschte vom Stuhl hinunter. Erst jetzt merkte er, dass er doch etwas wackelig auf den Beinen war. Er setzte sich in Bewegung und hörte noch, wie Martin ihm ein viel Glück zurief. Das würde ihm genauso wenig helfen, wenn er ihr gegenüber stehen würde. Was sollte er ihr nur sagen?

Etwas unbeholfen quetschte Emil sich durch die Leute, die es doch tatsächlich schafften die ganze Tanzfläche stehend zu füllen. Sie tanzten nicht einmal, sondern schnatterten nur miteinander und wippten, wenn's hinkam, vielleicht einmal mit dem kleinen Zeh. Nicht, dass er gerne getanzt hätte, aber sie behinderten doch ungemein.
Als er endlich wieder etwas Platz zwischen den ganzen verschwitzten Menschen hatte, versuchte er sich umzusehen. Er versuchte sich zu konzentrieren, doch soweit er sehen konnte, war hier keine Marie zu erkennen. Zunächst ärgerte er sich noch, bis er plötzlich erschrak, als ein schmaler Schatten auf ihn zukam, der wie Marie aussah. Das war der Punkt, wo sein Kopf aussetzte und seine Muskeln sich verkrampften.
„Ich weiß, die Frage ist doof, aber weißt du wo die Toiletten sind?“ Das war nicht Maries Stimme und Emil atmete erleichtert auf. Das Mädchen stand nun direkt vor ihm und er konnte ihr Gesicht erkennen. Ihre Augen waren leuchtend grün und ihr Haar schwarz wie die Nacht. Zunächst wunderte Emil sich über diese unnatürlichen Augen, doch dann fiel im ein, dass es eine Kostümparty war. So bestaunte er die realistische Umsetzung, bis ihm auffiel, dass er sie bereit eine ganze Zeit anstarrte.
„Ganz ehrlich weiß ich das selbst nicht so genau“, antwortete er hastig. „Aber ich glaube, die sind dort drüben.“
„Dankeschön.“ Und das Mädchen war so schnell weg wie es gekommen war.
Emil rieb sich mit der Hand durchs Gesicht. Seine Augen taten ihm weh und die Müdigkeit überkam ihn. Eigentlich konnte er doch einfach nach Hause gehen, er würde Marie hier eh nie finden. Doch als er aufsah, traf ihn der Schlag.
Marie stand plötzlich direkt vor ihm.
„Emil? Hätte dich fast nicht erkannt!“
„Was machst du hier?“, war das Erste was ihm einfiel und er wusste wie dumm es war.
„Ich bin eigentlich gerade auf dem Weg zur Mädchentoilette.“ Sie lächelte sanft und Emil merkte wie seine Knie weich wurden. Er sah an ihr hinunter. Sie trug eine weiße Toga, an die sie Plastikweintrauben geheftet hatte.
„Du siehst klasse aus“, hörte er sich plötzlich selbst sagen und versuchte krampfhaft den Blick von ihrem wohlgeformten Busen abzuwenden.
Als er nun in ihre Augen sah, wurde ihm dabei noch mulmiger.
„Dankeschön. Ich denke du weißt, was es darstellen soll.“
„Natürlich.“ Aphrodite. Was für ein dummer Zufall. „Aber mit den Weintrauben siehst du eher aus wie Dyonisos.“ Emil hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Wie konnte er dieses hübsche Wesen nur mit dem Gott des Weins und der Ekstase vergleichen?
„Wie wer?“ Marie setzte dieses gekünstelte Lächeln auf, wie Martin es nannte, doch Emil fand dass sie damit nur noch hübscher aussah.
„Ach vergiss es. Ich glaube die Toiletten sind übrigens da drüben.“ Er deutete in die Richtung, in die das Mädchen vorher verschwunden war. Auch wenn er immer noch keine Bestätigung dafür hatte, dass es die richtige Richtung war.
„Das weiß ich doch. Also man sieht sich.“
Und schon war sie wieder in der Menschenmasse verschwunden. Emil spürte, wie sein Herz immer noch in seiner Brust raste.
Doch was hatte das Ganze jetzt gebracht? Er hatte einige Worte mit ihr gewechselt und sie hatte ihn nicht ausgelacht, weil er ein Frosch war. Die Bilanz war doch positiv.
Mit Beinen wie aus Gummi machte er sich auf den Weg zurück an die Bar, zumindest glaubte er, dass dies der Weg zurück war. Die anderen Leute schienen sich so zu bewegen, dass er es doch schaffte, fast jeden anzurempeln. Nur wo war jetzt die Bar hin? Er blickte sich hilfesuchend um. Gerade war sie doch noch da gewesen!
„EMIL?“, hörte er plötzlich eine Stimme neben sich quietschen. Als er sich umdrehte stand Ina vor ihm und schob sich gekonnt die Brille zurück auf die Nase. Er fragte sich noch, warum sie das tat, als sein Blick auf ihrem Kostüm hängen blieb. Was sie darstellte erkannte Emil nicht, doch sie trug einen langen Rock und ein Korsett, das ihre Brüste nur noch üppiger machte. Warum dachte er schon wieder über Brüste nach?
„Oh Mann, du siehst gut aus!“, rief sie. Emil starrte in ihre Richtung, aber ihr Gesicht richtig scharf stellen, konnte er nicht mehr.
„Sag bloß du suchst jetzt auch noch das Mädchenklo?“, fragte er, doch eine Antwort bekam er nicht mehr.
„Oh mein Gott, du bist ein Frosch!“ Ina fing haltlos an zu lachen und konnte sich nicht mehr fangen.
„Was ist daran so lustig?“
„Ach nichts.“ Sie holte tief Luft und klopfte ihm auf die Schulter. „Zuckersüß!“
Was bitte? Was war zuckersüß? Emil verstand überhaupt nicht mehr, wovon sie redete. Es war auch egal, er wollte nur eins wissen: „Weißt du wo die Bar ist?“
Ina sah ihn verdattert an, bevor sie in eine Richtung deutete. „Dahinten!“
Und bevor sie sich versah, hatte Emil sich durch die Leute hindurch davon gestohlen.

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